In der Ausgabe Nummer 11 des SocialHub Mags haben wir bereits ausführlicher über die Kurzvideo-Plattform TikTok berichtet, die seit 2018 ein explosionsartiges Wachstum verzeichnete und 2019 nach WhatsApp zur am häufigsten heruntergeladenen mobilen App der Welt wurde. Mittlerweile hat TikTok, das zum chinesischen Unternehmens Bytedance gehört, weltweit über 800 Millionen monatlich aktive Nutzer, davon 5,5 Millionen in Deutschland – Tendenz steigend. Was macht TikTok so unwiderstehlich? Und wie kann man das Netzwerk auch als Unternehmen erfolgreich nutzen?
Mit der App können kurze, mit Musik unterlegte Videos von 15 Sekunden Länge angesehen und mithilfe diverser Videobearbeitungsfunktionen auch selbst erstellt werden. So entstehen unterhaltsame Videoclips im Hochkantformat, die sich einfach konsumieren lassen und vor allem eine junge Zielgruppe zwischen 16 und 25 Jahren ansprechen. Ständig wechselnde Hashtags, beliebte Sound-Schnipsel und Challenges sorgen für Abwechslung, laufend entstehen neue virale Trends.
Dabei lebt die Plattform von der Partizipation der Nutzer*innen: Jede*r kann mitmachen, ohne perfekt sein zu müssen. Damit trifft TikTok vor allem bei der Generation Z und Millennials einen Nerv. Kein Wunder, denn Ende 2017 kaufte Bytedance die App Musical.ly, mit der junge Teenager Tanz- und Lipsync-Videos zu Musik aufnehmen konnten. Auch heute noch sind diese Arten von Videos auf TikTok äußerst beliebt. Wer nur einen kurzen Blick in die App wirft, könnte durchaus den Eindruck bekommen, dass TikTok nur aus albernen Lipsync-, Tanz- und Selfie-Videos besteht. Doch weit gefehlt!
Mehr als Lipsync-Videos
Wer sich eingehender mit TikTok beschäftigt, stellt fest, dass es eine große Bandbreite an Videos zu verschiedensten Themen gibt, von Sport über Reise, DIY, Mode und Beauty bis zu politischen Themen. Nicht zuletzt die Corona-Krise bescherte TikTok einen neuen Höhenflug mit vielen neuen Videos, von witzigen Trump-Parodien über Spendenkampagnen zu Infovideos, z.B. von WHO oder Bundesgesundheitsministerium.
Ein Thema, das viele nicht auf dem Schirm haben und das man aufgrund des Alters der Zielgruppe nicht unbedingt bei TikTok erwarten würde, ist das Thema Kochen und Backen. Dass man als Unternehmen auch mit Kochvideos bei TikTok Erfolg haben kann, zeigen das Kochportal „Chefkoch“ und die Food-Plattform „Kochrezepte“, die die letzten Jahre vor allem über den Instagram-Account @kochrezepte an Bekanntheit gewonnen hatte. Beide sammelten innerhalb eines Jahres bei TikTok über eine Million Herzen und zehntausende Follower – mit Kochrezepten, rein organischem Wachstum und ohne großes Budget. Wie sie das geschafft haben und welche Erfahrungen sie dabei machen konnten, haben uns Christina Reichmann von Chefkoch und Laura Roman Castano von Kochrezepte verraten.
„Kochen kennt kein Alter“
Bei Chefkoch wurde Ende 2018 das erste Mal über TikTok nachgedacht, der Einstieg erfolgte im Frühjahr 2019. „Wir wollten die heiße Phase nicht verpassen“, erzählt Christina Reichmann. Dabei war das Ziel zunächst die Evaluation. „Wir wollten unter den Early Adoptern sein und einfach mal schauen, was wir erreichen können und inwiefern es uns gelingt, mit minimalem Aufwand eine relevante Reichweite herzustellen. Am Anfang hatten wir auch gar nicht das Ziel, eine Million Likes zu erreichen, zumal es zu dem Zeitpunkt auch keine andere deutsche Benchmark gab, an der wir uns bei der Zielsetzung hätten orientieren können.“
„Natürlich haben wir im Vorfeld überlegt, ob die Zielgruppe zu uns passen könnte, und haben uns auch gezielt angeschaut, was es an Kochvideos bei TikTok gibt. Wir haben gehofft, dass wir mit unseren Inhalten und unserer Ansprache auch eine so junge Zielgruppe begeistern können, denn Kochen kennt kein Alter. Auch 13-,14-Jährige haben Interesse am Kochen und Essen. Letztendlich konnten wir es aber erst wissen, ob es funktionieren würde, nachdem wir es ausprobiert haben. Da wir die Kochvideos bereits hatten und sie an die Zielgruppe anpassen konnten, sprach für uns nicht wirklich etwas dagegen, es zu versuchen.
Bei TikTok geht es ja nicht darum, dass Menschen einen wöchentlichen Essensplan für ihren Haushalt erstellen müssen. Für uns geht es eher darum, Kochvideos ansprechend aufzubereiten und so einfach Appetit zu machen. Was wir bei TiKTok anbieten, sind Einsteigerrezepte mit wenigen Zutaten, die es auch Jüngeren ermöglichen, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Es darf nicht schwer aussehen, soll Spaß machen – und Lust auf Kochen!“

Eine Million Herzen für Kochrezepte
Die Videoproduktion für TikTok musste bei Chefkoch zunächst inhouse und ohne Extra-Budget erfolgen. „Die ersten Videos haben wir aus Bestandsmaterial zusammengeschnitten. Zum anderen haben wir uns bei einer Videoproduktion, die sowieso stattgefunden hätte, angeschlossen und in fünf Minuten schnell ein TikTok-Video mitproduziert. So konnten wir die ersten Videos mit minimalem Aufwand generieren,“ erzählt Christina.
Bereits mit dem ersten Video erzielte Chefkoch relativ schnell 100.000 Views. „Da wurde es für uns sehr schnell spannend, schließlich hatten wir das rein mit Bordmitteln erreicht“, freut sich Christina. Doch damit nicht genug: Innerhalb von neun Monaten konnte Chefkoch insgesamt eine Million Herzen für seine Kochvideos einsammeln, nach einem Jahr waren es bereits 1,5 Millionen Likes. Im Mai 2020 hatte der Account bereits 120.000 Follower.
Auch die Münchener Food-Plattform „Kochrezepte“ hat innerhalb eines Jahres über eine Million Herzen und über 85.000 Follower gewonnen. Kochrezepte setzt dabei ausschließlich auf organisches Wachstum. „Wir waren mutig, haben viele Dinge ausprobiert, die Ergebnisse analysiert und die richtigen Schlüsse daraus gezogen“, erklärt Laura Roman Castano. Dabei stellten auch sie fest, dass die Auseinandersetzung mit dem Thema Ernährung heute schon in jungen Jahren beginnt. Kochen und gemeinsam Kochen gehört mittlerweile zum Lifestyle.
„Viele der TikTok-User sind minderjährig und stellen auf den ersten Blick nicht die kaufkräftigste Zielgruppe dar. Man sollte jedoch nicht vergessen, dass die Markenprägung im Sinne einer Markenpräferenz und Meinungsbildung schon vor dem ersten Kauf einsetzt. Zudem hat diese sehr junge Generation auch heute schon großen Einfluss auf die Kaufentscheidung, wie viele Eltern aus leidvoller Erfahrung wissen“, so Laura. „Anders als bei Instagram kann bei TikTok jedes Video zum Trend werden. Für uns hat sich herausgestellt, dass einfache, schnelle Videos über die Herstellung von Snacks sehr gut ankommen und für raschen Follower-Zuwachs sorgen. Auch ist uns aufgefallen, dass Rezepte, die neuartig oder in der Zusammenstellung spannend sind, besser performen als solche, die sich nur um eine schöne Darstellung der Zutaten drehen. Und natürlich mussten wir die Geschwindigkeit der Videoproduktion steigern, damit wir die Trends nicht verpassen.“
Contenterstellung für TikTok: weniger aufwendig als gedacht
Stichwort Videoproduktion: Die Erstellung der TikTok-Videos ist sowohl bei Chefkoch als auch bei Kochrezepte weniger aufwendig als gedacht. „Der Aufwand im Vergleich zu anderen Food-Produktionen ist relativ gering. Unsere Videos sind meist nur 15 Sekunden lang, und wir benötigen meist nur eine Kamera, die das Ganze aus der Vogelperspektive abfilmt. Das Wichtigste ist, einen aktuellen Trend auf dem eigenen Kanal einzubinden und die Aufmerksamkeit der User mit der Einfachheit und Kreativität der Videos zu binden“, erläutert Laura. „Auch passt es nicht zu TikTok, den Content weit im Voraus zu planen. Wir müssen stets die neuesten Trends im Auge behalten und schnell sein. Für die Video-Produktion nutzen wir häufig unser professionelles Kamera- und Schneide-Equipment, aktuell jedoch – vor allem bei Produktionen aus dem Homeoffice – einfach auch mal das Handy.“

Bei Chefkoch liegt der Fokus auf selbstproduziertem Material, das vom Social Media-Team direkt in TikTok gedreht und geschnitten wird. Anfangs wurden die ersten Videos einfach auf der Basis bereits bestehender Videos erstellt, und nach wie vor nutzt Chefkoch auch Material von Videos, die auch für andere Kanäle produziert wurden. „Das hat dann aber auch eine ganz andere Ästhetik, nämlich die einer professionellen Videoproduktion. Wir finden, dass man es merkt, wenn ein Video nativ in TikTok entstanden ist, und dass diese Videos auch besser funktionieren“, meint Christina. „Es geht nicht darum, ob das Licht oder der Schnitt perfekt sind. Es geht vielmehr darum: Ist die Story zu erkennen, ist es unterhaltsam, macht es Spaß, es anzuschauen? Dann wird es rausgehauen.“
Um Videos komplett in TikTok produzieren zu können, musste sich das Social Media-Team von Chefkoch erst einmal genauer mit der App beschäftigen und veranstaltete hierfür einen internen Workshop. „Da man immer nur die letzte Sequenz löschen und nicht einfach vorhandene Schnipsel zusammenfügen kann, muss man die Videosequenzen chronologisch produzieren. Hinzu kommen Filter, Sounds und Effekte. Wir haben also einen Tag lang einfach wild im Büro ausprobiert und danach evaluiert.
Der nächste Schritt war ein gemeinsamer Workshop unseres Social Media-Teams mit unserem Videoteam, bestehend aus zwei Video Producern aus dem Editorial Content Team. Wir haben überlegt, wie wir Sounds, die bei TikTok gerade trenden, aufgreifen können. Daraus entstanden dann die Rezeptvideos zu Halloween. So konnten wir immer mehr Erfahrung sammeln und uns Stück für Stück immer weiter professionalisieren.“
Da man sich bei Chefkoch generell auf vertikale und quadratische Videos fokussiert, kann Videomaterial mit geringem Aufwand etwas länger oder kürzer geschnitten werden, um es für verschiedene Kanäle wie Pinterest, Instagram Stories oder TikTok möglichst einfach zu adaptieren.
„Bei der Produktion denken wir in der Regel schon mit, zum Beispiel wie lang das Video jeweils sein soll und welche Schritte benötigt werden. Für TikTok geht die Videoproduktion sehr schnell, wenn man sich vorbereitet hat. Dafür sollte man den Sound und die Hashtags bereits ausgewählt und sich überlegt haben, wie man das Video aufbauen muss und welche Sequenzen man benötigt. Dann ist es eigentlich nur noch eine Sache von wenigen Minuten. So kann man zum Beispiel zu einer Videoproduktion dazukommen und das TikTok-Video in der App selbst mitdrehen“, freut sich Christina. „Natürlich ist es schön, ein Inhouse-Videoteam zu haben, doch man braucht es nicht unbedingt. Man kann auch einfach mit zwei Leuten und einem Smartphone ein Video drehen – sogar im Homeoffice.
Neulich hat meine Kollegin spontan in der Kantine ein Video zur #MeinCrush-Challenge gedreht, frei nach der Devise: Trend erkennen und einfach machen. Jetzt! Und zwar am selben Tag, nicht in zwei Wochen, denn dann ist der Trend schon vorbei. TikTok ist wesentlich schnelllebiger als jeder andere Kanal. Das ist auch eine Herausforderung für Unternehmen.“
Die Besonderheiten von TikTok-Videos
Ein wichtiger Punkt, den man bei der Videoproduktion für TikTok berücksichtigen sollte, ist dass sich TikTok-Videos deutlich von den Videos für andere Plattformen wie Instagram oder YouTube unterscheiden. TikTok-Videos müssen nicht durch Hochglanz-Look und aufwendige Shots glänzen, sondern sollten spannend, kreativ und authentisch sein, so Laura. Der Unterhaltungsaspekt spielt eine große Rolle. „Die Videos müssen Spaß machen und gute Laune, man schaut sie und fühlt sich danach gut. Das erleben wir bei TikTok viel stärker als auf anderen Plattformen“, ergänzt Christina.
„TikTok erfordert eine neue Erzähl- und Herangehensweise“ – Christina
„Allein die Herausforderung, in 15 Sekunden Videos zu erstellen. Allerdings nicht wie eine Instagram Story, sondern in diesen 15 Sekunden müssen Schnitte erfolgen, Perspektiven- oder Ortswechsel, es muss schnell sein, und immer mit angesagter Musik unterlegt. Neulich hatten wir einen nur sieben Sekunden langen Ton ausgewählt und mussten dazu ein ganzes Kochvideo unterbringen. Da mussten wir ganz schön umdenken und uns auf das Wesentliche konzentrieren. Nach einem Jahr können wir jedenfalls sagen, dass es sehr viel Spaß macht, Content für TikTok zu produzieren! Wir können ausprobieren und müssen immer neue Wege finden, um die Zielgruppe abzuholen. Statt eines komplizierteren Menüs zu filmen nehmen wir zum Beispiel einfach drei Zutaten und legen los“, erzählt Christina.
Laura von Kochrezepte empfiehlt, den eigenen Content an die ständig wechselnden Hashtag-Challenges anzulehnen. Die Videos sollten dabei immer Vollformat (9:16) haben und in der Regel etwa 15 Sekunden lang sein. „Sowohl der Videocontent als auch die Trending Topics sind geprägt von Schnelligkeit: Viel Bewegung, schnelle Schnitte, die Videos müssen den User in den ersten Sekunden catchen, sonst ist er weg. Wird ein neuer thematischer Hashtag ausgerufen, muss der Creator fix handeln und sein Video hochladen, um den Hype mitzunehmen.“
Einfach, schnell und lecker – welche Kochvideos besonders gut ankommen
Verlaufener Käse, Blätterteig, viel Schokolade… wer sich die Kochvideos anschaut, stellt schnell fest: Die Rezepte sind weit entfernt von dem Trend des ultragesunden, überwiegend veganen Contents, wie er zum Beispiel auf Instagram beliebt ist. Vielmehr deutet alles darauf hin, dass bei TikTok eher ungesunde, aber leckere ‚Essenssünden‘ präsentiert werden sollten. „Aktuell kommen einfache, schnelle Videos über Snacks und einfache Rezepte, die neuartig oder in der Zusammenstellung spannend sind, gut an. Alle Rezepte sollten sich ganz einfach nachkochen können. Aufwendige Rezepte bringen nichts, da wir deren Kochvorgang in den kurzen Videos nicht richtig zeigen können“, fasst Laura zusammen.
Chefkoch hat ganz ähnliche Erfahrungen gemacht: „Der Großteil der Nutzer*innen ist nach wie vor an leckeren Videos interessiert, daher ist unser Fokus nicht auf ‚super healthy‘. Wir möchten jedoch auch andere Ernährungsformen und Themen wie Saisonalität oder Nachhaltigkeit mit einfließen lassen. Die wenigsten ernähren sich zu 100 Prozent gesund, daher darf es bei uns auch mal etwas mit Käse oder Schokolade sein – oder mit Gesichtern.“
„Auch auf TikTok müssen wir aufpassen und beispielsweise mit Food-Bezeichnungen vorsichtig umgehen“, ergänzt Laura. „So wurde in den Kommentaren „Bacon“ und „Nutella“ negativ bewertet, weil viele User anscheinend kein Schweinefleisch essen und weil Nutella Palmöl verwendet. Das heißt für uns, dass wir künftig statt normalem Bacon oder Schinken anderes Fleisch verwenden und statt Nutella ganz allgemein Nuss-Nougat-Creme schreiben. Hier müssen wir flexibel bleiben, denn Akzeptanz und Ablehnung können sich jederzeit wieder ändern. Dennoch legt die TikTok-Community nicht alles auf die Gesundheits-Goldwaage, wie unsere drei bisher erfolgreichsten Videos zeigen.“
Wichtig ist auch, dass die Informationen für die Rezepte im Video übermittelt werden, denn zum Rezept, zu den Mengenangaben und dem Vorgehen beim Kochen gibt es die meisten Rückfragen und Kommentare. Das ist jedoch gar nicht so leicht, da in TikTok-Videos derzeit noch nicht verlinkt werden kann. „Wir haben verschiedene Möglichkeiten probiert, das Rezept zu integrieren, zum Beispiel auf einer Card am Ende des Videos. Seit Kurzem haben wir die Möglichkeit, in unserem Profil einen Link zu platzieren und sammeln die Links zu den Rezepten auf einer Landingpage, die wir dort verlinken. Die vielen Fragen nach dem Rezept zeigen uns auch, dass die Nutzer*innen durchaus interessiert sind am Thema Kochen, sich damit beschäftigen und sich dazu auch auf TikTok austauschen möchten“, freut sich Christina. Laura von Kochrezepte erwartet, dass TikTok sich weiterentwickeln und künftig Verlinkungen sowie zusätzliche Möglichkeiten der Vermarktung anbieten wird.
„Sonderfall“ TikTok: Learnings und Tipps
Da TikTok ganz anders funktioniert als andere Social Media-Plattformen, zwingt es Social Media und Content Manager dazu, umzudenken und neue kreative Lösungen zu finden. Besonders wichtig ist, sich eingehend mit der Plattform und ihren Features und Mechaniken zu beschäftigen, und TikTok regelmäßig selbst zu nutzen. „Es reicht nicht, sich einfach die App herunterzuladen und drei Videos anzuschauen. Du weißt nicht, wie es funktioniert, bevor du nicht selbst ein Video in TikTok gedreht hast. Dann sieht man, wie kreativ TikTok eigentlich ist, wie professionell manche Creators arbeiten und wie viel Spaß es macht, sich damit zu beschäftigen und selbst Content zu erstellen“, rät Christina.
Die Funktionsweise und Schnelllebigkeit der Plattform stellen Unternehmen auch vor organisatorische Herausforderungen. Zum einen muss Content im Voraus geplant werden um sicherzustellen, dass der Account bespielt wird – die Frequenz ist vergleichsweise hoch. Aufgrund der Tatsache, dass die View-Zahlen der Videos innerhalb eines Accounts meist stark variierten, müsse man dabei auch immer wieder Flops einkalkulieren, so Christina. In der Mischung erreiche man eine stabile Gesamtperformance.
Zum anderen müssen Social Media-Teams auch in der Lage sein, spontan neue Videos zu produzieren, um auf einen aktuellen Trend aufzuspringen. „Die internen Organisationsstrukturen müssen an die Erfordernisse der Plattform angepasst werden. Aus redaktioneller Sicht sind schnelle Entscheidungen, sehr kurze Produktionswege und vor allem viel Freiheit fürs rasche Handeln notwendig. Das macht die ganze Sache spannend, ist aber nicht immer so leicht umsetzbar und vor allem nicht von langer Hand planbar. Lange Abstimmungsschleifen sind hier kontraproduktiv. Unternehmen sollten daher Vertrauen in die Kompetenz der Mitarbeiter*innen haben und sie machen lassen“, rät Laura.
Gute Chancen für organische Reichweite
Was die Beispiele von Chefkoch und Kochrezepte zeigen, ist dass man es auf TikTok derzeit organisch und ohne viel Budget schaffen kann, eine hohe Reichweite und hohe Anzahl an Likes und Followern zu generieren. Denn TikTok bietet die Chance, auch als unbekannter Kanal ohne viele Follower mit seinen Videos virale Effekte zu erzielen – was beispielsweise auf Instagram kaum denkbar wäre.
Auch Kochrezepte profitierte davon und erzielte mit den drei bisher erfolgreichsten Videos (Erdbeer-Nutella-Cheesecake, Pasta-Gugelhupf und Apfel-Donuts) jeweils zwischen 375.000 und 600.000 Views und mehrere zehntausend Likes. Chefkoch machte ähnliche Erfahrungen: „Auf unser Video mit dem Schoko-Tannenbaum haben wir über 400.000 Likes, das ist im Vergleich mit anderen Netzwerken wirklich verrückt. Wir hören immerzu ‚Content is King‘, doch TikTok ist momentan der einzige Kanal, wo das zu 100 Prozent zutrifft. Es ist egal, wie viele Follower du hast, wenn dein Video gut ankommt, kannst du Millionen Views dafür bekommen.
„Das Unvorhersehbare macht es spannend und bringt dich dazu, immer wieder Neues auszuprobieren.“ – Christina
In diesem Sinne lautet ihre Empfehlung für andere Unternehmen, die auch über einen TikTok-Account nachdenken: „Traut euch, legt einen Account an und probiert einfach aus. Findet eine Nische und fangt an, eigene Videos zu drehen und eine eigene Kanalstrategie zu entwickeln. Wer unsicher ist, ob TikTok zur Marke oder zum Unternehmen passt, dem empfehle ich, sich mit minimalen Ressourcen ein Ziel für das erste halbe Jahr zu stecken und einfach verschiedene Dinge auszuprobieren und zu evaluieren.“


Danke an Chefkoch und Kochrezepte fürs Teilen eurer Erfahrungen!
Du nutzt TikTok und hast einen spannenden Case bzw. möchtest deine Erfahrungen mit der Plattform teilen? Dann schreib uns an magazin@socialhub.io!

Laura Roman Castano ist seit 2020 Teamleiterin Food und für die Marke Kochrezepte verantwortlich. Zuvor war sie Content Managerin bei @kochrezepte und verantwortete sämtliche Inhalte auf www.kochrezepte.de sowie die Community-Betreuung der Kochrezepte-Accounts auf Instagram, Facebook, TikTok und Pinterest. Es war ihre Leidenschaft für Social Media und Food, die sie nach Abschluss ihres Bachelors in Germanistik geradewegs ins Kochrezepte-Team führte.

Christina Reichmann studierte BWL und Marketingkommunikation in Berlin und ist seit 2016 Teil der Food-Plattform Chefkoch. Dort war sie aktiv in den Aufbau des Social Media-Teams involviert, das sich um die Fokuskanäle Pinterest, Instagram, Facebook und TikTok kümmert. In ihrer Rolle als Senior Social Media Strategist ist sie für die Strategieentwicklung und -evaluation sowie die Erschließung von neuen Kanälen zuständig.
Text & Interviews: Susanne Maier
Screenshots & Fotos: Redaktion, HypedBy
Titelbild: Anna Maucher über Max Delsid auf Unsplash
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