Ein Interview mit Manuela Braun, MyHammer, Social Media & Content Manager
In unserer Influencer-Rubrik stellen wir in dieser Ausgabe das Handwerkerportal MyHammer vor, die uns im Interview Einblicke in ihr Influencer Marketing geben und u.a. erklären, wie es zur erfolgreichen Kooperation mit dem YouTube-Star Julien Bam kam.
Aus welchen Gründen hat sich MyHammer dazu entschieden, Influencer Marketing zu betreiben?
Manuela: Aus zwei Gründen. Zum einen möchten wir unsere organische und virale Reichweite erhöhen, um von der Handwerker-Community positiver wahrgenommen zu werden und gleichzeitig auch ins Blickfeld von jüngeren Handwerker*innen und Handwerksinteressierten kommen.
MyHammer gibt es nun schon über 15 Jahre. Die meisten kennen uns noch aus unserer Anfangszeit. Damals erlangten wir in erster Linie damit Bekanntheit, dass wir den Auftraggeber*innen die Möglichkeit gaben, per Rückwärtsauktion den günstigsten Handwerker, der nicht einmal die nötige Qualifikation vorweisen musste, für eine bestimmte Arbeit zu finden. Dafür ernteten wir damals zu Recht Kritik, weswegen wir das System der Rückwärtsauktion auch nach elf Monaten wieder abgeschafft und kurz darauf auch nur noch Dienstleister zugelassen haben, die den Rahmenbedingungen der deutschen Handwerksordnung entsprachen. Obwohl das mehr als ein Jahrzehnt her ist, werden wir immer noch damit in Verbindung gebracht und von vielen Handwerker*innen und Auftraggeber*innen als „Preisdumper, die Schwarzarbeit unterstützen“ betrachtet. Mit unseren Social Media- und damit auch Influencer-Maßnahmen wollen wir dieser Wahrnehmung entgegenwirken und gleichzeitig die erreichen, die uns aufgrund ihres Alters gar nicht oder nur wenig kennen.
Der zweite Grund liegt im akuten Azubimangel, den besonders das Bauhandwerk trifft. Die Bewerberzahlen sind seit Jahren rückläufig. Immer weniger junge Menschen entscheiden sich für eine Ausbildung im Handwerk, viele Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt. Das ist eine Situation, die für uns alle früher oder später zu einem großen Problem wird. Wir sind, auch aus wirtschaftlichen Gründen, daran interessiert, dass es stets ausreichend Handwerker*innen gibt. Daher versuchen wir mit unterschiedlichen Maßnahmen, die Ausbildung im Handwerk wieder attraktiv aussehen zu lassen. Unsere Botschaft dazu lautet: #Handwerkistgeil!
Für beide Ziele sind Influencer hilfreich, um die Botschaft nach außen zu tragen und auch Menschen jenseits der Marke MyHammer zu erreichen.
Was ist euch bei der Auswahl passender Influencer wichtig?
Manuela: Grob gesagt sind für uns zunächst einmal alle Handwerker*innen, die in den sozialen Medien unterwegs sind und andere an ihrem beruflichen Alltag teilhaben lassen, Influencer. Die Handwerkerszene ist zwar auf Instagram und YouTube gut vertreten, aber auch recht überschaubar. Handwerk ist aus Social-Media-Sicht eher ein Nischenthema. Das hat den Vorteil, dass es bis jetzt nahezu keine Fakes gibt und der Großteil der Influencer keine ‚Werbeschleudern’ sind.
Wenn es um eine konkrete Zusammenarbeit geht, dann sind für uns die Reichweite und Interaktion des jeweiligen Influencers im Verhältnis zu den Followern wichtig, aber auch authentischer Content und eine aktive Kommunikation mit der Community.
Mit welchen Influencern arbeitet Ihr zusammen?
Manuela: Wir arbeiten fast ausschließlich mit gelernten Handwerker*innen wie zum Beispiel Nerdy Timber, Gipser Felix oder Marc und Stefan von Am Bau TV zusammen. Jede/r einzelne präsentiert das Handwerk auf eine andere Weise und hat dadurch gute Reichweiten in der Zielgruppe.
Zudem arbeiten wir auch mit breiter aufgestellten Influencern zusammen, die auf ihrem Kanal handwerkliches Interesse zeigen bzw. dem Handwerk einen gewissen Platz einräumen. Das gilt insbesondere für zukünftige Projekte, da wir zu den beiden oben genannten Zielen für unser Influencer Marketing nun auch potenzielle Auftraggeber*innen erreichen möchten. Dazu kann ich zu diesem Zeitpunkt leider noch nicht viel sagen, da wir jetzt erst langsam damit anfangen.
Eine große Ausnahme spielt unsere Kooperation mit dem YouTuber Julien Bam, mit dem wir seit vergangenem Sommer zusammenarbeiten (siehe Case im Kasten). Julien ist zwar kein Handwerker, betätigt sich auf seinem Kanal „Bulien Jam“ aber oft handwerklich und zeigt dabei eine große Begeisterung für das Thema. Dadurch, aber auch durch seine Followerschaft, die altersmäßig in unsere Zielgruppe für die Azubi-Maßnahmen passt, war die Zusammenarbeit ein absoluter Glücksfall.
Wie sieht die Zusammenarbeit mit Influencern bei MyHammer aus?
Manuela: Das ist sehr unterschiedlich und unter anderem abhängig vom Kanal, auf dem die Kooperation primär stattfinden soll. So arbeiten wir seit dem Relaunch unseres YouTube-Kanals im März 2019 mit Nerdy Timber zusammen. Er dreht Videos für uns, in denen er zeigt, wie er alles Mögliche aus Holz baut und dabei auch über die Ausbildung im Handwerk erzählt. Das passt insbesondere deshalb super, da Nerdy Timber nicht nur aus einer Handwerkerfamilie kommt, sondern auch Zimmerer-Meister ist.
Auf Instagram gibt es eher Kooperationen, in denen wir mit dem jeweiligen Account gemeinsamen Content planen. Inzwischen haben wir zu fast allen ein so gutes Verhältnis, dass diese Nutzer*innen auch ohne bestehende Kooperation bestimmte Inhalte von uns teilen.
Um den Influencern etwas zurück zu geben und gleichzeitig auch unsere Positionierung zu stärken, haben wir im Februar im Rahmen der bautec, einer Fachmesse für Bauen und Gebäudetechnik in Berlin, ein „Craftsfluencer“-Dinner veranstaltet. Dazu haben wir die Influencer via Instagram zu einem Essen eingeladen, bei dem sie auch die Möglichkeit hatten, andere endlich mal persönlich kennenzulernen, die sie bislang nur virtuell kannten. Das beste an der Veranstaltung war, dass wir nicht nur viele Leute persönlich kennenlernen konnten, sondern, dass sich dabei auch viele Kooperationen unter den Influencern ergeben haben, die wir teils mittragen wollen.

Wie kommt Ihr an die Influencer heran?
Manuela: Hauptsächlich via Instagram. Der Fokus liegt bei unserem Kanal gleichermaßen auf Content und Community Management. Von Beginn an haben wir (komplett bot-frei) mit allen Accounts kommuniziert. Wichtig dabei war und ist, dass wir nicht wie eine Firma kommunizieren, sondern wie ein Mensch bzw. in der Sprache der Handwerker*innen. Dass das klappt, haben wir hauptsächlich meinem Kollegen Jan-Paul Janssen zu verdanken, der, selbst Schreinersohn, genau die richtige Tonalität trifft. Dadurch zeigen wir Authentizität und konnten zudem einige freundschaftliche Beziehungen aufbauen. Inzwischen sind wir mit unserer Arbeit so erfolgreich, dass wir von den unterschiedlichsten Influencern für eine Zusammenarbeit angefragt werden. Aber auch Unternehmen schreiben uns inzwischen an, um mit uns als Influencer zusammenzuarbeiten.
Wie messt Ihr den Erfolg und worauf basiert die Vergütung?
Manuela: Das hängt von der Art der Kooperation und dem Ziel ab. In erster Linie zählt meist die Reichweite. Findet die Kooperation auf dem Kanal des Influencers statt, dann zählen für uns neben der Reichweite und Interaktion des Contents auch die Auswirkungen auf unsere Kanäle.
Wie hoch die Vergütung ist, hängt vom Aufwand für den Influencer ab, auf welchem Kanal die Kooperation stattfindet und inwieweit alles auf unsere Ziele einzahlt. Wenn auch nur sehr grob quantitativ messbar, hat unsere Arbeit inzwischen seinen Effekt erzielt. So hatten wir zum Beispiel mehrere Kommentare, in denen Jugendliche schrieben, dass sie dank eines bestimmten Videos nun ernsthaft über eine Ausbildung im Handwerk nachdenken. Sagen wir es mal so: Wenn nur ein/e einzige/r aufgrund unserer Maßnahmen eine Lehre beginnt, dann hat sich unsere Arbeit schon gelohnt. Aber natürlich wollen wir mehr. 😉
Was sind aus deiner Sicht die Dos und Don’ts beim Influencer Marketing?
Manuela: Wie allen anderen Geschäftspartner*innen sollte man auch Influencern auf Augenhöhe begegnen. Wer zeigt, dass er sich auch mit ihrer Arbeit auseinandergesetzt hat, gewinnt zusätzliche Sympathiepunkte bei Influencern. Denn je besser sich Unternehmen und Influencer verstehen, desto besser die Zusammenarbeit und die Präsentation der Marke oder des Produkts.
Ein klassisches Don’t ist, auf die falschen Influencer zu setzen. Leute, die absolut keinen Bezug zur Marke oder dem Produkt haben und auch keine Followerschaft anbieten können, die dazu passt. Solche Leute werden oft ausgewählt, weil sie vermeintlich viele Menschen erreichen. Dabei wird dann auf den Gießkannen-Effekt gesetzt. Außer vielleicht einen kurzfristigen Anstieg beim Abverkauf bringt eine solche Platzierung den meisten Marken langfristig gar nichts.
Was bringt euch das Influencer Marketing gegenüber anderen Social-Media-Aktivitäten?
Manuela: Unsere Influencer-Maßnahmen sind der verlängerte Arm unserer Social-Media-Tätigkeiten. Dank Influencern erreichen wir Teile unserer Zielgruppen, die uns so vielleicht nicht wahrgenommen hätten. Der wichtigste Part ist allerdings deren Einfluss auf unsere Markenwahrnehmung. Die Influencer helfen uns dabei, mit alten Vorurteilen über MyHammer aufzuräumen und als Partner des Handwerks angesehen zu werden. Denn das ist eine Botschaft, die wir ständig aussenden können, die aber keinen Wert hat, solange nur wir das sagen.
Welche Trends im Influencer Marketing seht ihr, und was plant ihr als nächstes?
Manuela: Über kurz oder lang wird Influencer Marketing auch in anderen Unternehmen immer mehr in das Content- und Social-Media-Marketing einfließen und dieses so bei seinen Zielen unterstützen. TikTok wird im Influencer Marketing eine immer größere Rolle spielen, insbesondere bei Marken, die eine jüngere Zielgruppe ansprechen möchten. Die Beziehungen zwischen Influencer und Marke werden länger, intensiver und menschlicher, wodurch Kooperationen deutlich authentischer werden.
Wie oben bereits genannt möchten wir unsere Influencer-Tätigkeiten in Richtung Consumer ausbauen, also Kooperationen mit Accounts, die viele Follower haben, die potenziell Aufträge bei uns einstellen. Darunter fallen Mami-Blogger, aber auch Lifestyle-Vlogger. Der Fokus dieser Videos liegt dann mehr auf dem Bau des Produkts und dem Unterschied zur vorgefertigten Standardware und weniger auf dem Thema Ausbildung.

Manuela Braun bewegt sich seit mehr als 15 Jahren beruflich in der digitalen Welt. Nach ihrem Studium der Sozialwissenschaften in Mannheim begann sie ihre Karriere in der Online-Marktforschung im Bereich Online-Marketing und spezialisierte sich anschließend auf Social Media und Community Management, u.a. beim Mobilfunkanbieter simyo. Beim Handwerkerportal MyHammer verantwortet Manuela nicht nur alle Social-Media-Themen strategisch und konzeptionell, sondern auch das Influencer Marketing. Nebenbei engagiert sie sich ehrenamtlich im Vorstand des BVCM (Bundesverband Community Management für digitale Kommunikation & Social Media).
Wir bedanken uns für das Interview!
Das Interview führte Susanne Maier.
Fotos & Screenshots: MyHammer; Fotostudio Klamm, Berlin
Titelbild: Anna Maucher über Markus Spiske auf Unsplash
Dieser Artikel erschien zuerst im SocialHub Mag – lade dir unser Social Media-Magazin hier kostenlos herunter!