„Instagram? Das ist doch dieses Ding für Selfie-süchtige Teenager, bärtige Großstadt-Hipster und Turnschuh-Hersteller??“ So ähnlich fallen die Reaktionen aus, wenn ich mal wieder ein Geständnis à la „Mein Name ist Susi und ich bin Instagram-süchtig“ ablege. Und das sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld.
Dabei liegt Instagram derzeit besonders im Trend und wird als der am schnellsten aufgehende Stern am Social Media-Firmament gehypt, z.B. als im Mai bekannt wurde, dass Instagram im ersten Quartal 2014 um weitere 25% gewachsen sei – schneller als jedes andere Netzwerk. Dieser Trend der letzten Monate ließ zuletzt auch viele Unternehmen aufhorchen, die sich aus verschiedenen Gründen bisher nicht mit Instagram beschäftigten – u.a. aufgrund verschiedener Vorurteile und Mythen, die um das Bildernetzwerk kursieren, und die wir hier mal genauer unter die Lupe nehmen wollen.
Während ihr in unserem letzten Instagram-Beitrag gelernt habt, wie eure Bilder noch besser werden, erfahrt ihr nun, was es mit gängigen Vorurteilen über Instagram auf sich hat und wie Unternehmen den Dienst trotzdem erfolgreich für ihr Marketing nutzen können.
Instagram funktioniert nur für visuell attraktive Produkte
Da ist sicherlich etwas Wahres dran – denn wer die hat, dem fällt es sicherlich leichter, sich bei Instagram zu präsentieren und guten Content zu finden – man nehme z.B. schicke Autobilder wie bei Mercedes-Benz und Audi oder stylische Sneaker-Bilder wie bei Adidas. Für alle anderen gilt ähnlich wie bei Pinterest: Man muss kreativ werden und auch mal um die Ecke denken. Instagram muss nämlich nicht zwingend für die Produkt-Präsentation genutzt werden!
Stattdessen kann z.B. auch ein gewisses Lebensgefühl oder ein bestimmter Lifestyle vermittelt werden, der der Lebenswelt und den Interessen der Zielgruppe entspringt.
Bei Red Bull stehen die Produkte z.B. überhaupt nicht im Vordergrund, dafür alles Extreme. Nicht nur mit Fotos, sondern auch mit Videos wird ein Lebensgefühl vermittelt. Es geht um den Traum vom Fliegen, und es werden Geschichten erzählt.
Ein weiteres Beispiel ist das amerikanische „Folk“, ein kleines, unabhängiges Magazin und Online-Shop für handgefertigte lokale Produkte, die mit (hauptsächlich durch Crowdsourcing) kuratierten Bildern ein spezielles, amerikanisches und ‚authentisches‘ Lebensgefühl und bestimmte Werte vermitteln und mit dieser Strategie immerhin schon 75.000 Follower gewinnen konnten:
Eine andere Möglichkeit ist, via Instagram Einblicke hinter die Kulissen zu geben und einen ‚frischen‘, ‚authentischen‘ Blick zu ermöglichen. Und wer könnte das besser als die eigenen Mitarbeiter? Bei der Deutschen Bahn passiert das sogar über einen eigenen Mitarbeiter-Account @db_team:
Auch kleinere Tech-Firmen wie der Softwareanbieter Mailchimp, die ja nicht wirklich über visuell attraktive Konsumgüter-Produkte verfügen, instagrammen einfach einen munteren Mix aus dem eigenen Merchandise, Standort-Impressionen, Geschichten und Blicken hinter die Kulissen und finden damit ihren ganz eigenen Stil:
Dass es sich auch zu einem scheinbar schwierigen Thema wie „Logistik“ prima instagrammen lässt, zeigt FedEx:
Womit wir auch schon beim nächsten Punkt wären:
Instagram ist nur was für B2C-Unternehmen
Nope! Dass es auch im B2B-Bereich mit dem Instagrammen klappen kann, zeigt z.B. Intel, die es tatsächlich schaffen, sogar Memory Chips stylisch aussehen zu lassen.
Das Ganze wird aufgelockert mit ästhetischen Stadt- oder Naturimpressionen, die interessante Fakten aus Wissenschaft und Technik vermitteln sollen, und zusätzlich ergänzt durch Archivfotos zur Geschichte der Computerentwicklung.
Ein weiteres Beispiel, das hier natürlich nicht fehlen sollte, ist die Krones AG, ein „Hersteller von Anlagen für die Abfüllung und Verpackung von Getränken und flüssigen Nahrungsmitteln in PET- und Glasflaschen sowie Getränkedosen mit Sitz in Neutraubling.“ (Wikipedia). Bidde was?? Instagrams von Abfüllanlagen und Flaschen? Ganz genau. Aber nicht nur: Der Auftritt wird verstärkt fürs Employer Branding genutzt, für Events wie Messen und für viele weitere sympathische Einblicke in das Unternehmen.
Für Instagram braucht man Unmengen an Ressourcen
Natürlich benötigt man Ressourcen für einen Instagram-Auftritt. Das einfach mal einem Praktikanten in die Hand drücken, der das ‚mal eben schnell nebenher‘ macht, führt in den wenigsten Fällen zum Erfolg – denn dazu gehören noch mehr Dinge wie ein Konzept, ein konsistentes Engagement und eine aktive Teilnahme – und gute Fotos! Und das kostet natürlich.
Doch wer denkt, nun ganze Mitarbeiterstellen für Instagram zu benötigen oder ständig fancy Fotoshootings durchführen zu müssen, um die vermeintlichen Hochglanz-Fotos zu produzieren, der irrt. Es gibt durchaus noch andere Möglichkeiten – wie zum Beispiel user-generated Content zu kuratieren. Und äußerst erfolgreich fährt damit Tourism Australia.
Der Instagram-Account von Tourism Australia @australia ist mit seinen knapp 700.000 Followern der beliebteste Account der Reise- und Touristikbranche auf Instagram. „Aber das ist bei den Fotomotiven ja auch nicht schwer!“, sagt ihr jetzt vermutlich. „Ich sag nur niedliche Kängurus und tolle Surfer-Strände!“ Ganz genau. „Die haben bestimmt auch jede Menge Budget und Mitarbeiter und so.“ Falsch!
Laut eigenen Angaben beschäftigt Tourism Australia gerade mal zweieinhalb Mitarbeiter für seine Social Media-Networks (also für alle). Die mehrfach täglich zu unterschiedlichen Uhrzeiten geposteten Bilder sind allesamt so genannte Reposts bzw. Features von usergenerierten Bildern, die unter dem von Tourism Australia ausgerufenen Hashtag #SeeAustralia veröffentlicht werden. Der Vorteil: Es muss somit also kein eigenes Bildmaterial produziert werden und es findet eine Interaktion mit den jeweiligen Instagrammern statt.
Der Hashtag hat sich offensichtlich gut etabliert: Jeden Tag werden mehrere Hundert Bilder gepostet – eine gute Grundlage für hochwertige Reposts – denn ohne richtig gute Bilder klappt es in der Regel auch nicht mit den Followern. Die Gallery wirkt trotzdem sorgfältig kuratiert und die Bilder verkörpern alle ein ganz bestimmtes „Look and Feel“. Man verzichtet z.B. auf Rahmen, schwarzweiße Bilder, starke Verfremdungen, Schrift im Bild etc. und postet zumeist Landschaftsaufnahmen, setzt auf Hochglanz-Optik und leuchtende Farben.
Ähnlich wie Australia nutzt auch Destination British Columbia (@hellobc) user-generated Content und re-postet regelmäßig Bilder, die unter dem selbstkreierten Hashtag #exploreBC von anderen Instagrammern veröffentlicht wurden. Zudem hat @hellobc regelmäßig so genannte „Guestagrammer“ am Start – Instagrammer aus der Region, die über mehrere Tage mehrere Bilder zur Verfügung stellen und einen persönlichen Bildkommentar dazu posten.
Interessant finde ich dabei auch die geschickte Zweitverwertung: Die Guestagrammer und ihre Bilder werden zudem auf dem Facebook- und Twitter-Account von Destination BC gefeatured sowie im eigenen Blog.
Fast schon legendär ist das Beispiel von IKEA, die ihren gesamten Katalog mit Hilfe der Instagram-Community digitalisierten: Beim Projekt „Social Catalogue“ wurden die Follower dazu aufgefordert, ihr Lieblingsprodukt aus dem Katalog zu instagrammen und entsprechend zu taggen, als Anreiz konnten die User die Produkte gewinnen. Nach vier Wochen war der komplette Katalog digitalisiert, ohne dass IKEA dies selbst übernehmen musste.
IKEA Social catalogue from SMFB on Vimeo.
Instagram ist nur was für große Unternehmen
Stimmt auch nicht! Gerade auch kleine Unternehmen können bei Instagram mit einem guten Konzept und ansprechenden Bildern Reichweite erzielen und neue Zielgruppen erschließen, wie das Beispiel der US-Firma Folk von oben schon gezeigt hat. Dass das Ganze sogar im Handwerk funktioniert, zeigt dieses Beispiel einer Bäckerei, auf das ich hier gestoßen bin:
Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich möchte am Liebsten sofort reinbeißen!!! Bei der Brotbox handelt es sich um die Bäckerei Glaab aus Bayern, einem Familienunternehmen, das seine Backwaren seit letztem Jahr auch über die eigene Website verkauft. Leider ist der Instagram-Account seit einigen Monaten verwaist, aber das Beispiel zeigt trotzdem sehr schön, wie man auch über lokale Grenzen hinaus per Instagram potenzielle Kunden ansprechen kann.
„Cat Content geht immer“, dachte sich vermutlich auch das Tierheim Mannheim, als es seinen Instagram-Account startete. Klingt vielleicht erst mal ungewöhnlich, ist auf den zweiten Blick aber absolut naheliegend: Die einzelnen Tiere stellen sich in niedlichen Bildern vor, ab und zu gibt es bei erfolgreicher Vermittlung auch „Happy End“-Posts.
Klar, das waren jetzt alles schöne Beispiele, doch zu einem erfolgreichen Instagram-Auftritt gehören natürlich noch mehr Faktoren. Das Ganze bringt nichts ohne
- richtig. gute. Fotos! (Wie eure Instagrams noch besser werden, erfahrt ihr hier)
- konsistentes, regelmäßiges Posten
- selbst aktiver Teil der Community zu werden – folgen, liken, kommentieren, monitoren, User featuren etc.
- die richtigen Keywords und Hashtags zu nutzen
- die Instagram-Aktivitäten sinnvoll mit den anderen Kommunikationsaktivitäten zu vernetzen, Instagrams z.B. auch für Facebook und Twitter zu nutzen, für Events, Gewinnspiele veranstalten, Buttons und Widgets einbinden etc.
Trotzdem solltet ihr euch nicht von den gängigen Instagram-Missverständnissen und Vorurteilen abschrecken lassen.
Denn in diesem Artikel habt ihr gelernt, wie Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Größen Instagram erfolgreich nutzen und für ihr Marketing einsetzen können – und somit gängige Einwände und Vorurteile entkräften. Und das könnt ihr künftig auch!
Welche Vorurteile über Instagram kennt ihr noch? Welche guten Beispiele von Unternehmen fallen euch ein?
Titelbild: Evan Kirby auf Unsplash
Schöne Beispiele. Aber das, was HelloBC oder VisitAustralia macht, u.a. „Reinstagrammen“ von Userfotos oder Neueinstellen von Userfotos ist nach deutschem Recht abmahnfähig und daher nicht zu empfehlen. Wirklich schöner Beitrag, aber diesen Aspekt sollte man (leider) in Deutschland nie außer Betracht lassen.
Hallo Romy,
vielen Dank für Deinen Kommentar – das ist ein sehr wichtiger Punkt! Hinzu kommt, dass das Reposten von User-Content bei Instagram eigentlich auch nicht den Instagram Guidelines entspricht. Die Praxis setzt sich trotzdem immer mehr durch, vor allem bei Corporate Accounts, und auch in Deutschland (z.B. @lufthansa, @visit_berlin).
Mir sind bisher keine Urteile dazu bekannt (Dir?), man „sichert“ sich in den meisten Fällen einfach mit der Nutzung eines Unique Hashtag ab und natürlich mit der Nennung des Urhebers – entweder im Bild (bei Repost Apps ja möglich), oder wie bei @australia in der Bildunterschrift oder beides. Als umfassende rechtliche Absicherung würde ich das auch nicht sehen (ich bin aber auch keine Juristin), eher als eine Grauzone – muss man sich also schon gut überlegen!
Viele Grüße
Susi
Hey Susi,
Danke für Deine Antwort.
Urteile kenne ich nicht – also nicht zu Instagram. Generell gilt aber, wenn es den AGB nicht entspricht, hast Du als User/Firma ein Problem. Es gibt halt Urteile, dass Du nicht einfach Content downloaden und bei Dir neu hochladen darfst. Auch wenn Du den Urheber dran schreibst, ohne Einwilligung geht das halt in D leider nicht. Es sind in Deutschland nur die vom System/Plattform zugelassenen Möglichkeiten erlaubt, d.h. Kommentieren, Taggen, Liken. Wenn es die Plattform nicht zulässt, dass man shared, dann kann man da schöne Abmahnungen bekommen. Es ist halt Deutschland… 😉
Bei der Grauzone stimme ich Dir daher 100%ig zu.
Quelle: diverse Vorträge von Thomas Schwenke, Henning Krieg, Carsten Ulbricht u.a. namenhafte Social Media-Anwälte bzw. deren Blogposts.
Hi Romy,
vielen Dank! Ja, die Blogs der deutschen Social Media-Anwälte würde ich dazu auch empfehlen!
Wenn ein Unternehmen in Deutschland trotz der ganzen Punkte und ‚Grauzone‘ regrammen / reposten möchte, sollte der Urheber vorher natürlich kontaktiert und um Erlaubnis gefragt werden, anstatt einfach ‚ins Blaue hineinzuposten‘.
Ich bin jedenfalls sehr gespannt, wie sich das Thema weiter entwickelt!
Viele Grüße
Susi