Interview mit Tobias Röver, Social Media Lead im Digital Marketing Team von Microsoft Deutschland, verantwortlich für Social Media Marketing und Social Selling
Wie unterscheidet sich die Social Media-Kommunikation in den beiden Bereichen B2B und B2C bei euch?
Im Grunde ist sie zunächst einmal ähnlich, da man immer versucht, die jeweilige Person entweder emotional oder mit einer Lösung anzusprechen, so dass sie einen Mehrwert für sich sieht. Allerdings haben wir einige Produkte und Dienste, die für B2C-Kunden nicht relevant und speziell für Geschäftskunden angelegt sind.
Obwohl jeder B2C-Kunde gleichzeitig auch B2B-Kunde sein kann, fokussieren wir in der Marketing-Kommunikation darauf, was diese Produkte und Lösungen speziell für Geschäftskunden leisten können. Manchmal überschneidet sich das auch, wie bei unserem Tablet „Surface“, das sich zum Beispiel ein Endkunde kauft, um darauf Netflix zu schauen, das aber auch als Workstation benutzt werden kann.
Hier überlegen wir, welche Anwendungsfälle es im B2C- und B2B-Bereich gibt und fokussieren entsprechend. Die Unterschiede in der Kommunikation ergeben sich also meist aus der Zielgruppe beziehungsweise dem Targeting beim Ausspielen der Kommunikation (wobei es wie im Fall des Tablets durchaus ein und dieselbe Person sein kann). Es gibt viele Überschneidungen.
Betreibt ihr Social Media-Aktivitäten speziell für B2B-Zielgruppen, und wenn ja, welche?
Ja, wir haben spezielle Kanäle auf Facebook, LinkedIn, Xing und Twitter, die sich an bestimmte Geschäftskunden-Segmente richten, und unterscheiden da zum Beispiel in große Unternehmenskunden (Enterprise) und KMU. Zudem haben wir spezielle Kanäle für unsere Partnerunternehmen. Bei Facebook haben wir einen speziellen Microsoft in Business-Kanal, über den wir bestimmte Zielgruppen nach Segmenten targeten.
Da Social Media aber mittlerweile zum „Pay-to-play-Game“ geworden ist, benötigen wir grundsätzlich nicht mehr so viele Kanäle wie früher, da wir die Ansprache unterschiedlicher Zielgruppen über das gezielte Targeting erreichen können.

Der Trend geht also zur Zielgruppenansprache über gezieltes Targeting?
Ja, Targeting wird immer wichtiger und hilft, Zielgruppen einzugrenzen und Streuverluste zu minimieren. Das ist jedoch sowohl für B2B als auch B2C wichtig. Im B2B-Bereich sind die Zielgruppen jedoch kleiner. So reicht es heute nicht mehr aus, einfach ITler anzusprechen, wir müssen vielmehr schauen, wie wir innerhalb einer bestimmten Branche Unternehmen erreichen, dann weiter nach Unternehmenssegmenten verfeinern und innerhalb dieser Unternehmen nach Bereichen und Funktionen wie zum Beispiel Marketingleiter. Denn je nach Unternehmen und Branche gibt es unterschiedliche Anwendungsfälle.
Wir versuchen, mit den Geschichten von Kunden, die unsere Lösungen nutzen, bestimmte Bereiche in Unternehmen einer bestimmten Branche anzusprechen. Das ist in den letzten Jahren deutlich komplexer geworden, doch es geht mittlerweile mithilfe feiner Targeting-Möglichkeiten ganz gut. Natürlich haben wir organischen Content, der auch nach wie vor relevant ist. Doch wenn wir ganz gezielt etwas vermarkten wollen, kommt auch gezielte Werbung zum Einsatz – nicht zuletzt, um eine relevante Reichweite zu erzielen.
Was möchtet ihr damit in erster Linie erreichen?
Social Media ist für uns ein wichtiger Touchpoint innerhalb unseres digitalen Marketing-Ansatzes, es gibt aber auch noch andere wie Banner Ads, offline bei Events etc. Unser Ziel ist es, im ersten Schritt Menschen für unsere Technologie und Lösungen zu begeistern und so im zweiten Schritt Leads zu generieren. Wir möchten Personen ansprechen, die von unbekannten Leads zu bekannten Leads werden und im Idealfall an den Vertrieb weitergegeben und weiterentwickelt werden können. Der Prozess wird von einem Programm zur Marketing-Automatisierung namens Marketo technisch unterstützt.
Ziel ist, über verschiedene Touchpoints hinweg zu wissen, welche Person sich für ein bestimmtes Produkt interessiert, zum Beispiel über einen Social Media-Link auf eine Website klickt, sich dort für einen Newsletter anmeldet und über den Newsletter wiederum für ein Webinar. Hier gibt es viele Zwischenschritte und Arten von Leads, die dann im Unternehmen an verschiedene Bereiche weitergegeben werden können. Social Media ist dabei ein Kanal, um neue Kunden zu identifizieren und in die Marketingautomatisierung einzubinden.
Wie wichtig ist Storytelling im B2B-Bereich?
Sehr wichtig! Unter einer Technologie kann man sich erst einmal nichts Genaues vorstellen. Sie wird erst dann lebendig, wenn wir sie mit realen Geschichten hinterfüttern. Ein Beispiel-Case beschreibt, wie die Münchener Rück mit Hilfe unserer Cloud-Lösung eine Wetteranalyse durchführen und so dem Klimawandel und den damit verbundenen Risiken begegnen kann. Ein anderes Beispiel unserer US-Kollegen zeigt, wie „Seeing AI“, eine App mit Bilderkennung, blinden Menschen im Alltag hilft. All diese Cases basieren auf einer Cloudlösung, entfalten so aber eine viel stärkere Wirkung. Wir müssen also alles in Geschichten von Kunden übersetzen.

Welche Content-Formate eignen sich aus eurer Sicht im B2B-Umfeld?
Videos erregen plattformübergreifend die meiste Aufmerksamkeit und sind ein sehr gut geeignet, Geschichten zu erzählen und Emotionen auszulösen. Aus Marketingperspektive eignen sie sich besonders gut als ersten Schritt innerhalb der Customer Journey, um einen Einstieg in ein Thema zu schaffen. Wenn sich jemand zum Beispiel ein Video ansieht und darüber auf einer Website landet, können wir ihn vielleicht über Retargeting noch einmal ansprechen, zu einem Webinar einladen oder ein Whitepaper anbieten. Ein sehr Engagement-starkes Format, das vor allem im vergangenen Jahr an Bedeutung gewonnen hat sind Stories auf Instagram.
Was verbirgt sich bei euch hinter dem Thema Social Selling?
Social Selling bedeutet, dass wir die Personen nicht mehr kalt kontaktieren müssen, sondern anhand der Informationen, die sie freiwillig in sozialen Netzwerken angeben, bereits einiges über sie wissen, zum Beispiel wo sie arbeiten, wie lange sie schon im Beruf sind und für welche Themen sie sich interessieren.
LinkedIn bietet mit dem „Sales Navigator“ zum Beispiel spezielle Funktionen an, die den Vertrieb unterstützen sollen, eine Art Mini-CRM. Heutzutage entscheidet nicht mehr nur die IT, welche IT-Produkte eingekauft werden. Wir wissen, dass bis zu sieben Personen in die Entscheidung involviert sind. Das Tool bietet uns also hilfreiche Möglichkeiten zur Recherche nach Personen und zur Kontaktaufnahme.
Ein anderes Element von Social Selling ist Personal Branding, also Mitarbeiter zu schulen und dabei zu unterstützen, sich in sozialen Netzwerken zu präsentieren und diese optimal zu nutzen. Dabei geht es um Grundsätzliches, aber auch um Fragen der Etikette und Kultur, bis hin zu spezialisiertem Tooltraining. Lest dazu auch das Interview mit meiner Kollegin Magdalena Rogl!
Wo siehst du im Bereich B2B Social Media die Trends?
Professionalisierung im Bereich Social Media findet weiterhin statt und bleibt ein wichtiges Thema. Social Media ist und bleibt ein Touchpoint innerhalb der Customer Journey und muss mit den anderen Touchpoints zusammengebracht werden. Daran arbeiten wir, können das in Zukunft aber noch verbessern. Ein anderes spannendes Thema ist, wie wir Bots so nutzen können, dass sie den Kunden helfen und auch uns in der Kommunikation via Social Media unterstützen. Die Schwierigkeit ist, das so umzusetzen, dass es dem Kunden auch wirklich einen Mehrwert bietet. Eine sehr spannende Technologie!
Wir danken Tobias für das Interview!
Das Interview führte Susanne Maier.
Bildquellen: Tobias Röver, Microsoft Deutschland, Redaktion SocialHub Mag
Titelbild: Anna Maucher Annie Spratt auf Unsplash
Dieser Artikel erschien zuerst im SocialHub Mag – lade dir unser Social Media-Magazin hier kostenlos herunter!