Ein Interview mit Jasmin Trilling, Stellvertretende Pressesprecherin der Stadt Essen

Quelle: Elke Brochhagen
In punkto Social Media-Kommunikation ist die Stadt Essen Vorreiter für viele Städte. Bereits vor einigen Jahren sprang sie auf den immer schneller rollenden Social-Media-Zug auf – die richtige Entscheidung, wie sich heute zeigt! Wir haben mit Jasmin Trilling, Stellvertretende Pressesprecherin und Abteilungsleiterin des Pressereferats und Social Media der Stadt Essen, über ihre Arbeit mit sozialen Medien, die speziellen Herausforderungen für Behörden und die Unterstützung durch den SocialHub gesprochen.
Wie und warum habt ihr mit Social Media angefangen?
Wir wollten nicht einfach so starten und Social Media nebenher mitlaufen lassen, sondern haben von Anfang an, beginnend im Jahr 2012, ein Social Media-Konzept erarbeitet, mit dem wir dann professionell einsteigen wollten. Mitte 2014 war dieses Konzept fertig und wir starteten mit einem einjährigen Testbetrieb. Ab 2016 sind wir in unseren jetzigen Social-Media-Regelbetrieb übergegangen.
Unser Konzept war übrigens Vorbild für viele Stadtverwaltungen in Deutschland, die ihre Social-Media-Kanäle dann anhand dessen, teilweise auch mit unserer Beratung, gestartet haben.
Unser Social-Media-Konzept war Vorreiter für viele Städte in Deutschland.
Die Chancen von Social Media sehen wir im direkten, ungefilterten Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern. Der unmittelbare Dialog ist einfach sehr wertvoll. Vor dem Start in den sozialen Medien haben wir die Bürgerinnen und Bürger vor allem über unsere Website und die Lokalmedien wie Radio oder Zeitung informiert. Uns war aber auch wichtig, den direkten Draht zu ihnen zu haben. Mit Social Media haben wir die Möglichkeit, eine direkte Rückmeldung zu Themen zu erhalten.
Das primäre Ziel unserer Social-Media-Aktivitäten war die schnelle und ungefilterte Information für die Bürgerinnen und Bürger.
Wie haben sich eure Social-Media-Aktivitäten seit dem Beginn geändert?
Wir haben ein festes Social-Media-Team, bestehend aus vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Unser Team arbeitet im Schichtdienst, das heißt auch abends, am Wochenende und an Feiertagen, damit man uns fast rund um die Uhr erreichen kann.

Da sich die sozialen Medien ständig ändern, muss man Neuerungen und Trends immer auf dem Schirm haben. Inzwischen „denken“ wir Social Media hier jetzt automatisch „mit“, wenn wir uns neue Konzepte für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit überlegen. Die verschiedenen Teams sind auch mehr zusammengewachsen. Das heißt, die Fotoredaktion liefert Fotos und Videos, einige Texte kommen vom Pressereferat, die dann entsprechend für die sozialen Netzwerke umgeschrieben werden, und die Grafiken des Social-Media-Teams verwenden wir z.B. auch für unsere Webseite. Alle Teams arbeiten sehr eng zusammen.
Unsere Reichweite und Anzahl an Followern ist durch die Professionalisierung mit dem SocialHub gestiegen. Und das rein organisch, ohne bezahlte Werbung. Darüber freuen wir uns sehr!
Unsere Zahl an Instagram-Followern hat sich im Vergleich zum letzten Jahr verdoppelt*, auf Facebook wachsen wir im Schnitt um 3.000 bis 4.000 Follower pro Jahr.
Warum sollten Behörden Social Media (stärker) nutzen?
Um Social Media kommen Behörden heutzutage nicht mehr herum, weil diese Art der Kommunikation von den Bürgerinnen und Bürgern erwartet wird. Mal abgesehen von der Erwartungshaltung verpassen Behörden ohne Social Media die Chance, mit den Bürgerinnen und Bürgern schnell und einfach in Kontakt treten zu können und sich als Stadt entsprechend präsentieren zu können.
Die sozialen Medien sorgen dafür, dass Städte und Stadtverwaltungen unmittelbar mit dem/Der Bürger*in in Kontakt treten können. Es findet ein ungefilterter Dialog statt, so dass man nicht auf andere Medien angewiesen ist.
Die Informationen, mit denen wir täglich umgehen, haben eine hohe Relevanz für viele Menschen. Da hat man schon mal das Gefühl, „Ich kann das doch nicht einfach so rausschicken, da muss doch erst einer drüberschauen!“ In diesem Fall helfen uns zum Beispiel die Freigabeprozesse im SocialHub. Und es beruhigt schon ungemein, wenn man weiß, dass der Post vor der Veröffentlichung noch einmal von einer Instanz überprüft und freigegeben werden muss. Auch, wenn ich meinem Team in der Moderation selbst absolut vertraue und freie Hand lasse.
Mit dem fortlaufenden Medienwandel informieren sich viele Menschen auch über die sozialen Medien. Die Kanäle dienen also nicht mehr nur der reinen Unterhaltung, sondern auch der Informationsbeschaffung. Deswegen müssen unbedingt neue Wege gesucht werden, um die Bürgerinnen und Bürger hierüber zu informieren. Bei Rückfragen können die Bürgerinnen und Bürger dann direkt mit uns in den Dialog treten und Fragen stellen. Das ist viel zeitsparender und effektiver als per E-Mail oder Telefon!
Wir bekommen so viel positives Feedback. Unsere Bürgerinnen und Bürger freuen sich, dass sie so einfach mit uns kommunizieren können und wir so schnell antworten. Natürlich bekommen wir auch Kritik, aber das gehört dazu. Was jetzt als kritischer Kommentar oder Hetze über Social Media hereinkommt, kam früher per Telefon, per Brief oder per Mail an. Wir haben jetzt den Vorteil, dass wir sehr viel schneller und direkter auf Kritik reagieren und so auch Lösungen schaffen können.
Welche Herausforderungen begegnen euch im Social-Media-Alltag?
Innerhalb einer Schicht muss eine Übergabe aller Social-Media-Aktivitäten an die nächste Schicht erfolgen, wobei man bei mehreren Kanälen schnell den Überblick verlieren kann. Bei der Suche nach einer Lösung für dieses Problem, sind wir auf den SocialHub mit dem Ticketsystem in der Inbox und dem Teamfeature aufmerksam geworden, was die Probleme der schlechten Übersicht und Protokollierung für den Schichtwechsel gelöst hat.
Eine weitere Herausforderung ist, dass wir als Behörde komplexe Themen für Social Media aufbereiten müssen und zwar so, dass diese zum jeweiligen Kanal passen und für den/die Bürger*in verständlich sind. Zudem hat man als Behörde einen ganz anderen Ton als z.B. gewinnorientierte Unternehmen.
Wie hat euch der SocialHub bei eurem Social-Media-Management geholfen?
Wir haben ein Social-Media-Management-Tool gesucht, das uns in erster Linie hilft, im Team schneller und effizienter arbeiten zu können. Wir wollten Anfragen über Social Media besser überwachen können und wenn eine Flut an Nachrichten kam, wie z.B. bei einem Shitstorm, wollten wir das besser koordinieren können. Außerdem betreuen wir mehrere Kanäle und wollten nicht ständig zwischen jedem Kanal wechseln, wenn wir Kommentare beantworten oder Posts veröffentlichen. Da kam dann der SocialHub ins Spiel, der uns genau für diese Punkte eine Lösung geliefert hat.
Mit der SocialHub Inbox und dem Ticketsystem haben wir einen besseren Überblick über alle unsere Kanäle und was dort passiert. Wir verpassen dadurch auch keine Anfrage und können entsprechend schnell reagieren. Wenn zum Beispiel in der Stadt eine Bombenentschärfung durchgeführt wird und wir minutenaktuell darüber berichten, kommen viele Fragen von besorgten Bürgerinnen und Bürgern auf, die wir dann schnell und direkt beantworten können. Anhand des Feedbacks sehen wir auch, dass die Bürgerinnen und Bürger diesen Dialog sehr schätzen. Also ich möchte nicht mehr ohne die SocialHub Inbox leben.
Beim Schichtwechsel wird zum Beispiel der aktuelle Stand einer Recherche einfach als Notiz dokumentiert und an die nächste Schicht übergeben. Und dann gibt es ja noch den Freigabeprozess, den wir bei der Erstellung von Posts sehr oft nutzen. Wenn einer unserer dezentralen Kanäle, zum Beispiel das Personalamt, einen Post veröffentlichen will, können wir diesen hier bei uns erst einmal ansehen und überprüfen, bevor er letztendlich gepostet wird. Gleichzeitig können wir checken, ob wir auf unseren zentralen Kanälen nicht schon einen ähnlichen Post geplant hatten und damit Überschneidungen vermeiden.
Wir wissen also, welches Team welchen Inhalt wann postet, was sehr praktisch bei der Contentplanung ist. Wir hatten auch schon den Fall, dass Infos zu früh via Social Media veröffentlicht worden wären, bevor das Presseamt eine offizielle Mitteilung herausgegeben hat. Solche Posts können wir durch den Freigabeprozess jetzt zurückstellen.
Ein großer Vorteil für uns ist auch, dass der SocialHub browserbasiert ist. Mein Team arbeitet viel von unterwegs, ob aus dem Homeoffice oder live vor Ort, und so ist das Tool immer und überall für uns erreichbar. Was für uns auch sehr wichtig war: Das Tool muss einfach zu bedienen sein. Und das ist der SocialHub! Er war und ist selbsterklärend für jeden, der bis jetzt bei uns damit gearbeitet hat.
Der SocialHub ist simpel, übersichtlich und funktioniert einfach!
Noch ein großes Lob an den Support! Wenn es ein Problem gab, haben wir kurz angerufen oder eine E-Mail geschickt und es wurde direkt gelöst. Dazu kommt, dass ihr den SocialHub ja ständig weiterentwickelt. Was ich toll finde, ist, dass ihr eure Kundinnen und Kunden fragt, welches Feature sie gerne integriert hätten und darüber abstimmen lasst. Wir benutzen den SocialHub schon seit Beginn unserer Social Media-Aktivitäten. Schon in unserem Konzept haben wir damals festgeschrieben, dass ein Social Media-Management-Tool Voraussetzung ist. Wir kennen also die Arbeit ohne Tool gar nicht. Und ehrlich gesagt will ich mir die Arbeit ohne den SocialHub auch gar nicht vorstellen.
Hast du ein konkretes Beispiel für uns, in welcher Situation euch der SocialHub als Tool geholfen hat?
Wir hatten vor ein paar Jahren einen relativ großen Shitstorm auf einem unserer dezentralen Kanäle. Ohne den SocialHub hätten wir ihn wahrscheinlich gar nicht bewältigen können, weil viel zu viel Aktivität gleichzeitig zu überwachen war.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden in den Kommentaren beschimpft und auch die Medien griffen das Thema auf und berichteten darüber. So nahm der Shitstorm immer größere Ausmaße an und zog sich über Monate! Und da saßen nun unsere Kolleg*innen, die normalerweise den Kanal nebenher betreuen und eher schönen Content zu positiven Themen erstellen und waren mit so viel Aktivität und kritischen Kommentaren überfordert. Mein Team hat dann die Koordination des Kanals für den Shitstorm übernommen und ihn mit dem SocialHub moderiert.
Innerhalb von zwei Wochen hatten wir tausende Tickets, darunter sich wiederholende Spamkommentare, die per Skript oder Bot unter jeden unserer Beiträge gesetzt wurden. Mit Hilfe der SocialHub Smart Rules und Kategorien konnten wir die Kommentare in Spam, Werbung oder konstruktive Kritik gliedern und entweder darauf reagieren oder sie schnell löschen.
In Kooperation mit unserer Pressesprecherin und den Kolleginnen und Kollegen im Fachbereich haben wir einen FAQ-Fragenkatalog angelegt, damit meine Kolleginnen und Kollegen entsprechend sprachfähig sind. Mit Hilfe der Antworten und der Vorlagenfunktion im SocialHub konnten wir den vielen Kommentaren Herr werden und schnell antworten.
Das gebe ich auch anderen Behörden, die Angst vor einem Shitstorm haben, gerne als Tipp an die Hand: Auch wenn Schnelligkeit beim Antworten gut ist und geschätzt wird, sollte man sich erst detailliert mit dem Thema auseinandersetzen und eine Antwortstrategie besprechen, bevor die Kommentare in einem Shitstorm moderiert werden. Das und die Hilfe des SocialHub kann ich jedem nur empfehlen!
Mit welchen Social-Media-Trends beschäftigt ihr euch gerade und was plant ihr in nächster Zeit auf euren Kanälen?
Wir haben Anfang des Jahres den Plan gefasst, das Angebot auf unserem Instagram-Kanal auszuweiten. Bisher haben wir hier viel zu Veranstaltungen und Live-Berichterstattungen gemacht. Nun haben wir uns zum Ziel gesetzt, dieses Jahr auch Verwaltungsthemen, die eher trocken sind, in Instagram-Beiträgen und Stories zu verarbeiten. Bisher haben wir solche Themen vor allem in Infografiken aufbereitet.
Wir haben einen entsprechenden Redaktionsplan und auch Content erstellt. Die große Schwierigkeit war, auch erklärende Texte so zu gestalten, dass sie auf Instagram ansprechend sind und trotzdem Reichweite erzielen. Hier mussten wir eine Balance finden, damit uns die Abonnentinnen und Abonnenten nicht abhandenkommen. Beispielsweise haben wir so unser Angebot des Mängelmelders nochmal erklärt, mit dem Müllecken und Straßenschäden per App gemeldet werden können.
Die weitere Umsetzung dieser Pläne sind nun ‚on hold‘, da uns Ende Februar die Krise rund um das Coronavirus voll erwischt hat. Aber auch in dieser Situation haben wir beispielsweise gute Instastories entwickelt.
Apropos Coronavirus: Wie hat sich eure Kommunikation in der Krise verändert? Welchen neuen Herausforderungen müsst ihr euch seitdem stellen?
Wir haben früh gemerkt, dass das Informationsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger sehr, sehr hoch ist. Ende Februar haben wir mit Einberufung unseres Lagezentrums Untere Gesundheitsbehörde nicht nur ein Bürgertelefon geschaltet, sondern alle unsere Kanäle auf die Kommunikation rund um das Coronavirus ausgerichtet. Als zentrales Medium nutzen wir unsere Homepage, wo wir zunächst neben FAQs und allgemeinen Infos auch einen Liveticker für unsere Meldungen erstellt haben. Auch haben wir früh mit Videobotschaften und extra aufgesetzten Webseiten gearbeitet, die auch als Content für die sozialen Netzwerke dienen.
Die Entwicklung rund um das Coronavirus ist von Beginn an höchst dynamisch gewesen. Im Bereich Social Media arbeiten wir ohnehin im Schichtdienst, auch an den Wochenenden und Feiertagen. Das hat uns auch in dieser Situation sehr geholfen, da unsere Community ab Tag 1 exponentiell gewachsen ist. Die Leute waren schon früh mit Fake News konfrontiert und fanden bei uns verlässliche und sehr aktuelle Informationen. Unsere Fanzahlen sind durch die Decke gegangen – sowohl auf Instagram, Twitter, YouTube, und ganz besonders auf Facebook.
Auf unserer Facebook-Seite „Stadt Essen – das Stadtportal“ haben wir seit Beginn der Corona-Krise in zwei Monaten doppelt so viele Fans dazugewonnen wie im gesamten letzten Jahr.
Mit unseren Videobotschaften zum Coronavirus haben wir auch unsere bisherigen größten Reichweiten bei weitem überschritten, teils sogar verdoppelt.
Die größte Herausforderung ist tatsächlich, in dem Wust von Verordnungen, Änderungen, Lockerungen und Neuerungen, die jeden Tag eintrudeln, alles zu verstehen, nachzuhalten und auch den Bürgerinnen und Bürgern zu erklären. Wir sitzen oft bis spät abends, auch an den Wochenenden, im Büro oder Homeoffice und bereiten die neuesten Entwicklungen in Grafiken und Videobotschaften auf. Dann kommt die wichtigste Phase: das Moderieren auf den Kanälen. Die Leute haben unheimlich viele Fragen, die wir beantworten wollen.
Wir wollen nicht einfach auf die Landesregierung verweisen, sondern wir recherchieren und versuchen, Antworten zu finden. Und es geht ja nicht nur um ein Thema, sondern eine Coronaschutzverordnung wie bei uns in Nordrhein-Westfalen regelt unheimlich viele Bereiche im Leben unserer Bürger*innen, für die die Stadt nicht alleine zuständig ist: Es geht um Geschäfte, Kontaktverbote, Freizeit, Sport, um Fragen zur Notbetreuung in Kitas und Schulen, wirtschaftliche Existenzen und Kurzarbeitergeld, die neue Maskenpflicht und und und.
Diese besondere Situation sorgt aber auch für andere Weiterentwicklungen bei uns. Beispielsweise haben wir nun einen neuen Standard für unsere Videobotschaften, die nun werden von einer Gebärdendolmetscherin begleitet werden. Dazu erreichten uns sehr viele Anfragen aus der Community und seit dem ersten Video mit der Einblendung haben wir sehr viel positives Feedback erhalten. Diesen Standard wollen wir auch nach Corona beibehalten.
Wir wünschen der Stadt Essen weiterhin viel Social-Media-Erfolg und danken Jasmin für das Interview!
*Durchführung des Interviews und somit Stand der Zahlen: April 2020
Das Interview führte Anna Maucher.
Titelbild: Anna Maucher über Gary Butterfield auf Unsplash
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