Interview mit Romy Fuchs, Senior Content Marketing Manager, Netpress GmbH
Dell wird in der Social Media-Branche seit Jahren als Beispiel für erfolgreiches Social Media Management im B2B-Umfeld angeführt. Die Beispiele beziehen sich jedoch meist auf den US-Markt und die US-amerikanischen Social Media-Auftritte von Dell.
Höchste Zeit, sich die Social Media-Aktivitäten auf dem deutschen Markt einmal näher anzusehen, Unterschiede und Herausforderungen kennenzulernen.
Wir haben uns mit Romy Fuchs unterhalten, die im Auftrag der Agentur Netpress seit Jahren die Social Media-Kanäle von Dell Deutschland betreut.
Wie ist das Social Media Team von Dell Deutschland aufgestellt?
Romy: Am Anfang haben wir als Content-Marketing-Agentur Artikel und Blogbeiträge für Dell für den deutschsprachigen Raum produziert. Seit Sommer 2014 managen wir zusätzlich die Social-Media-Aktivitäten für Dell Deutschland. Das machen wir übrigens mit einem kleinen Team von zwei Personen! Das funktioniert sehr gut, da wir sehr eng mit Dell in Kontakt stehen und uns in regelmäßigen Meetings und Calls ganz eng abstimmen.
Zum Teil produzieren wir die Inhalte selbst, zum Teil bekommen wir Content von Dell vermittelt, den wir dann für den deutschen Markt anpassen und für die Social-Media-Kanäle aufbereiten. Wir unterstehen dabei dem Fachbereich Dell EMEA, der wiederum auf die einzelnen Märkte und Länder heruntergebrochen wird, wo es separate Social-Media-Verantwortliche gibt. Unterm Strich ist das Social Media Team in Europa also gar nicht so klein.
In Deutschland haben einen Ansprechpartner im Marketing Team, der Marketing- und Social Media-seitig den ganzen Überblick hat und mit uns die Details abstimmt. Die Ausführung liegt dann komplett bei uns. Das bedeutet auch eine gewisse kreative und inhaltliche Freiheit, das heißt. wir müssen uns nicht jeden Post im genauen Wortlaut durch ein Mehraugenprinzip freigeben lassen. Zudem hat jeder Social-Media-Mitarbeiter bei Dell mehrere ausführliche Schulungen zu den Social Media Guidelines und zur Corporate Identity durchlaufen und kennt die Anforderungen.
Wie viele Social-Media-Auftritte auf welchen Plattformen betreibt ihr?
Romy: Durch den Zusammenschluss mit EMC sind wir gerade damit beschäftigt, Social-Media-Kanäle zusammenzuführen. Dennoch wollen wir die Aufteilung in einen B2C- und einen B2B-Auftritt pro Plattform beibehalten. Bei Facebook ist „Dell Deutschland“ momentan der B2C-Kanal und „Dell EMC“ die B2B-Seite, die vor Kurzem noch „Dell Mittelstand“ hieß. Bei Facebook sind wir an die globale Seite angedockt und haben derzeit über 60.000 deutsche Fans bei Dell Deutschland und knapp 30.000 im B2B-Bereich. Wir haben hart daran gearbeitet, dass die Zahlen steigen. (lacht)
Außerdem sind wir bei Twitter, YouTube, LinkedIn und Xing mit Profilen vertreten. Einen separaten deutschen Instagram Account gibt es derzeit nicht, aber wir möchten künftig gerne mehr auf den visuellen Bereich setzen. Das Videomarketing auszubauen ist für uns deshalb auch ein wichtiges Thema.
Wie wichtig ist die Lokalisierung für den deutschen Markt?
Romy: Sehr wichtig. Bisher habe ich keine Inhalte, die uns von internationaler EMEA-Ebene erreichen, Eins-zu-Eins übernehmen können. Manchmal passt die Übersetzung nicht, manchmal sind die Inhalte einfach nicht für den deutschen Markt angepasst. Wir haben festgestellt, dass insbesondere der deutsche Markt so anders ist, das können wir auch mit keinem anderen Markt wie Frankreich oder Spanien vergleichen. Hier benötigen wir ganz andere Inhalte. Dell ist das zum Glück schon seit einiger Zeit bewusst. Dort haben wir ein super Team, die das verstanden haben und sich darum kümmern, dass die Inhalte entsprechend angepasst werden.
Das gestaltet sich übrigens anders, je nachdem, ob wir im B2C- oder B2B-Bereich unterwegs sind. Dell Deutschland betreibt ja Social-Media-Kanäle für beide Geschäftsfelder. Im B2C-Bereich ist die Anpassung der Inhalte für den deutschen Markt leichter, da bestimmte IT-Themen immer laufen und mit Spaß verbunden sind, zum Beispiel die „Tough Enough“-Kampagne.
Im B2B-Bereich hingegen haben wir viel austesten müssen. Zum Glück haben wir in der Zwischenzeit unsere User und die „Pain Points“ kennengelernt und wissen zum Beispiel, dass Checklisten am deutschen Markt das Nonplusultra im B2B-Bereich für unsere Follower sind.
Welche Themen laufen denn besonders gut – gerade im Vergleich B2C/B2B?
Romy: Im B2B-Bereich sind Checklisten sehr beliebt, doch auch Whitepaper gehen gut. Erfolgreich war auch das so genannte „Insider-Portal“, das auch über Zielgruppenmedien wie Computerwoche, Heise und PC Welt lief. Die Artikel hierfür haben wir auch über Social Media verbreitet. Sehr gut laufen auch Interview mit bekannten Persönlichkeiten von Dell sowie nützliche Inhalte – wie eben Checklisten oder etwa Dos und Dont‘s. Konkrete Themen, die im B2B-Bereich bei Dell gut laufen, sind Workstations, also Laptops, die gigantische Leistung bringen, aber auch Cloud oder Data Storage.

Im B2C-Bereich dann der Klassiker: Hier sind Gewinnspiele sehr beliebt. Der Nachteil daran ist, dass man zwar viele Leute damit erreicht, aber nicht unbedingt dauerhaft und nicht immer diejenigen, die man erreichen will.
Was die User auch gerne lesen mögen, sind Testberichte für Computer. Dabei arbeiten wir immer wieder mit Influencern zusammen, denen wir Computermodelle zum Testen zur Verfügung stellen und deren Testberichte wir anschließend mit unseren Fans und Followern teilen. Einblicke ins Unternehmen kommen ebenfalls gut an. Immer wieder gibt es auch bestimmte Produktlinien wie das XPS 15 Hochleistungs-Notebook, die gut laufen. Ansonsten geht auch „IT-Cat-Content“ gut, also kein echter Cat Content, sondern spaßiger Content, der den klassischen ITler und seinen Arbeitsplatz betrifft.

Wer sind denn eure Zielgruppen? Die klassischen ITler?
Romy: Ja, auch! Im B2C-Bereich sind es hauptsächlich IT-Administratoren, die in den meisten Unternehmen zu finden sind und sich zum Beispiel für Endgeräte interessieren, entweder für die Kollegen, oder weil sie selbst etwas benötigen, woran sie herumbasteln können. Hier geht es vorrangig um PCs und Laptops.
Im B2B-Bereich sind das eher die klassischen „IT Decision Maker“, aber auch die CEOs. Die gehören für uns im B2B-Bereich einfach dazu und sind für unsere kompakteren Linien interessant. Dabei geht es mehr um große Endlösungen, um Servierbereiche und ganze Rechenzentren, die in einem Unternehmen integriert werden müssen oder um Themen wie Cloud Storage.
Was sind aus deiner Sicht die größten Herausforderungen beim Social Media Management im B2B-Bereich?
Romy: Im B2B-Bereich sollte man sich auf jeden Fall von der klassischen Interaktionsrate verabschieden. Wie viele Kommentare und Likes ein Beitrag bekommt, ist im B2B-Bereich nicht relevant. Die Zielgruppe konsumiert die Inhalte durchaus, tritt aber ansonsten wenig über Likes und Kommentare in Erscheinung.
Viel interessanter ist stattdessen für uns die Klickrate für Links. Denn wir haben festgestellt, dass unsere Zielgruppe hauptsächlich Informationen konsumiert und es wichtig ist, dass wir möglichst viel davon zur Verfügung stellen. In diesem Bereich geht es ja auch um größere Investitionen fürs Unternehmen, da möchten unsere Kunden einfach abgesichert sein und benötigt daher im Vorfeld alle relevanten Details.
Im B2B-Bereich sollte man sich von der klassischen Interaktionsrate verabschieden.
Gute Klickraten für Links tragen zwar auch zu einer gewissen Interaktionsrate bei, doch unterm Strich bedeutet das, dass rein organisches Wachstum im B2B-Bereich bei Facebook einfach nicht funktioniert. Dafür ist die Plattform einfach nicht wirklich ausgelegt. Man sollte also auch immer ein gewisses Budget einplanen. Die Zielgruppen im B2B-Bereich konsumieren ja durchaus sehr viele Informationen, daher müssen wir dafür sorgen, dass diese sichtbar werden. Das versuchen wir strategisch anzugehen und prüfen daher genau, ob und wofür es Sinn macht, Geld in die Hand zu nehmen.
Heißt das, dass im B2B-Bereich über Social Media eigentlich gar nicht wirklich miteinander kommuniziert wird?
Romy: Ich weiß, das hört sich etwas komisch an, aber es geht hier letztendlich in erster Linie um Geschäftsentscheidungen und um einen Bedarf nach Informationen. Gerade an der Leser- und Klickzahl von Artikeln und Whitepapern sehen wir ja ganz genau, wie viele Fans und Follower auch tatsächlich klicken und lesen. Wir müssen also vielmehr herauszufinden, zu welchen Themen besonderer Bedarf besteht und dann natürlich, auf welcher Plattform unsere Zielgruppe unterwegs ist.
Welche Social-Media-Plattformen sind im B2B-Bereich denn besonders relevant?
Romy: Auf Facebook haben wir es geschafft, zahlreiche Fans im B2B-Bereich zu gewinnen, was uns auch erst gewundert hat, aber es funktioniert. Wir richten unser Augenmerk ansonsten auch sehr auf LinkedIn, da der Kanal ja für den B2B-Bereich ein großes Potenzial hat.
Interessanterweise ist LinkedIn für uns aber weniger im Hinblick auf Postings interessant, sondern im Bereich InMail. Wir betreiben also eine Art gezieltes Email-Marketing innerhalb von LinkedIn. Der Vorteil ist, dass wir bei LinkedIn dadurch ganz gezielt die Leute erreichen, die wir erreichen wollen, da LinkedIn ein sehr feines Targeting ermöglicht. Damit haben wir zum Beispiel im Event-Bereich gute Erfolge erzielt. Wir formulieren hier also ein persönliches Anschreiben passend zum Thema, das wir ganz gezielt versenden. Dazu benötigen wir exakt zugeschnittenen Content. Das ist das A und O. Wir müssen mit hochwertigem, nützlichen Content überzeugen.
Twitter nutzen wir als eine Art News-Kanal zu Dell. Im Prinzip ist unser Twitter-Kanal wie ein RSS-Feed, den der Kunde einfach konsumieren kann. Und das läuft auch sehr gut. Daneben begleiten wir auch Events via Twitter und haben Live-Übertragungen getestet. Nachdem wir für B2B-Events mit Periscope und Facebook Live experimentiert haben und mit der Qualität nicht so zufrieden waren, haben wir nun bei wichtigen Events ein professionelles Kamerateam vor Ort. Diese produziert einen Live-Stream für unseren YouTube Channel, den wir dann in andere Social-Media-Kanäle einspielen können.
Welche Unterschiede bestehen noch bei der Social-Media-Kommunikation im B2B-Bereich?
Romy: Die Tonalität und Ansprache unterscheiden sich sehr im Vergleich zum B2C-Bereich. Die Ansprache muss im B2B-Bereich angepasst werden. Im B2C-Bereich sprechen wir zum Beispiel von „Euch“, während wir im B2B-Bereich unsere Zielgruppen siezen. Der Ton ist hier deutlich förmlicher.
Die Tonalität und Ansprache unterscheiden sich sehr im Vergleich zum B2C-Bereich.
Welche Tools nutzt ihr?
Romy: Im Dell-Kosmos wird Sprinklr benutzt, ein US-amerikanisches Tool, mit dem man Posts vorplanen und anschließend alles analysieren kann. Zudem stellen wir Redaktionspläne auf, die wir wöchentlich mit Dell absprechen.
Was sind für euch die Trends in der B2B-Social-Media-Kommunikation? Wo geht eure Entwicklung hin?
Romy: Im Bereich Videos und Live-Streaming sind wir momentan noch stark am Experimentieren, glauben aber, dass hier die Zukunft liegt. Und das gerade im B2B-Bereich! Hier haben wir festgestellt, dass zum Beispiel Fachinterviews mit wichtigen Köpfen von Dell sehr interessant für unsere Kunden und Follower sind. Dies haben wir sowohl während Live-Übertragungen von Events als auch später noch an den Views gesehen als wir das fertige Video via Social Media promotet haben. Plattformseitig möchten wir uns am deutschen Markt bei Xing besser aufstellen und beobachten derzeit, was sich bei der Plattform tut.

Auch im B2C-Bereich produzieren unsere externen Produkttester, seien es Influencer, Onlinemedien und Tester auf Unternehmensseite immer öfter Videos, und wir werden künftig inhouse auch einiges mehr im Produktbereich mit Videos machen. Den Bereich Influencer Marketing könnten wir auch noch ausbauen.
Wir danken Romy für die spannenden Einblicke!
Das Interview führte Susi Maier.
Bild und Screenshots: Romy Fuchs, Netpress GmbH
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